Tag 13: 26.10.2023 —> Kalabrien, ich muss raus aus der Stadt

Ich habe uns für heute nur einen kurzen Weg ausgesucht, um Pedro eine Pause zu gönnen. Für den frühen Vormittag ist Regen angesagt, so dass ich den Wecker auf acht Uhr stelle. Ich mache mich in aller Ruhe fertig. Ich fülle vier Tagesportionen  Hundefutter in je einen Kotbeutel ab; zum einfacheren Handling aber auch, um das stark riechende Zeug geruchsfest verschließen zu können. Andernfalls stinkt alles im Rucksack einschließlich der Kleidung nach Hundefutter. So beschäftige ich mich, bis es aufhört zu regnen. Um zehn ist es soweit, wir brechen auf.

Pedro ist nicht begeistert, durch die Stadt angeleint zu laufen. Obwohl wir zunächst hoch zur Burg über Treppen und Fußwege gehen, und nicht durch Autoverkehr gehen müssen. Die Burg ist noch nicht einmal aus der Straßenperspektive ein Fotomotiv. Wenn sie nicht bald restauriert wird, zerfällt sie zu einer Ruine, vielleicht ist sie das bereits und man versucht den Anschein zu erwecken, es handele sich um ein intaktes Gebäude. Kaum sind wir oben, fängt es an zu nieseln, während im Tal die Sonne scheint. So bildet sich ein gut sichtbarer Regenbogen.

So schön der Regenbogen auch ist, mir wäre trockenes Wetter lieber

Jetzt müssen wir runter vom Berg raus aus der Altstadt in den neuen und modernen Teil Consenzas. Die Stadt zieht sich weit entlang des Tals. Einen großen Teil müssen wir durchwandern, bis wir endlich nach Westen in die Berge abbiegen können.

Obwohl Consenza eine sehr schöne moderne und üppig angelegte Fußgängerzone hat, will Pedro einfach nicht mit. Er verweigert sich; es scheint, alles macht ihm Angst und ich fühle mich absolut hilflos. Ich versuche ihn zu motivieren, ich schimpfe ihn. Nichts hilft. Am Ende ziehe ich ihn mehr hinter mir her, als dass er läuft. Das verbessert sich, als wir in ruhigere Vorstadtbereiche kommen und ändert sich erst wirklich, als wir die Stadt hinter uns haben. Wie hatte ich mich auf Consenza und das Treiben der Stadt gefreut. Nun kann ich es gar nicht erwarten, aus der Stadt wieder raus zu kommen. Mir tut Pedro unendlich leid aber ich kann ihn ja nicht aus Consenza heraus beamen. Er muss da leider durch.

Consenza ein Stadt am Fluus, eingekesselt zwischen zwei Gebirgszügen

Am Rande der Fußgängerzone kehre ich zum Frühstücken in eine Bar ein. Wir setzen uns draußen unter ein Vordach. Kaum habe ich meinen Cappuccino, fängt es heftig an zu regnen, obwohl der Regen nach dem Wetterforecast um zehn hätte durch sein sollen. Also bleiben wir sitzen bis die Sonne wieder durch die Wolken durchlukt. Wir sind noch nicht bis zur Mitte der Fußgängerzone gekommen, als der Regen als Wolkenbruch zurück kommt. Ich fliehe in einen Schnellimbiss. Pedro ist nass und hinterlässt eine Wasserpfütze und ich fühle mich durchnässt trotz Regenjacke. Als der Starkregen zum Niesel wird, brechen wir zu Pedros Unmut wieder auf.

Consenza, eine moderne Stadt nicht nur wegen der Brücke, die so gar nicht zum restlichen Stadtbild passen will 

Nachdem wir Consenza hinter uns gelassen haben, fühlt sich Pedro trotz des schlechten Wetters deutlich besser und wir kommen nun endlich gut voran. Um kurz nach drei erreichen wir unser B&B in den Bergen in einem Haus, das sich seit mehr als 400 Jahren im Familienbesitz befindet. Äußerlich unscheinbar innen um so schöner. Das Haus ist liebevoll renoviert und eingerichtet. Sogar einen beheizten Pool gibt es im Garten, den mir der Besitzer stolz präsentiert. Bei dem Wetter reizt mich das Schwimmbad nicht. Neben den Zimmern gibt es einen mehrräumigen Aufenthaltsbereich mit einer Küche, zu der auch eine Espressomaschine zum Self Service gehört. Dort setze ich mich nach dem Duschen hin und lasse es mir gut gehen.

Pedro hat keine Lust, sich zu mir zu gesellen. Er liegt wie erschlagen auf dem Bett. Ich bin mir nicht sicher, ob er erschöpft oder beleidigt ist, weil ich ihn durch Consenza geschleppt habe. Ich muss das Morgen beobachten und mir ein Bild machen, ob Pedro den Weg weiter gehen kann oder wir zum Meer runter und mit dem Zug zurück nach Reggio Calabria fahren müssen. Sicher ist, Consenza hat Pedro nicht gefallen.

Tag 12: 25.10.2023 —> Kalabrien, ich muss in eine Stadt

Mich deprimieren die Touristenorte, die zumindest zu der jetzigen Jahreszeit völlig verlassen sind. Ich gebe zu, dass ich sehr froh bin, in den letzten drei Tagen ein Zimmer gefunden und bis auf gestern auch immer ein Abendessen bekommen habe. Es fühlt sich irgendwie komisch an, wenn ich in einem großen Hotel der einzige Gast im Restaurant bin und die Inhaberin ausschließlich für mich kocht. Gestern Abend auf der Suche nach einem offenen Restaurant bin ich durch einen dunklen Ort gelaufen. So stelle ich mir Orte vor, die im Krieg verdunkelt werden müssen.

Ich muss in eine Stadt mit Menschen auf der Straße, in Restaurants und in Bars: muss meine Seel wieder mit Licht erfüllen. Auf nach Consenza!

Wir laufen eine breite Straße, die niemand nutzt, hoch ins Skigebiet. Die Lifte gehen bis auf knapp 2.000 Höhenmeter. Schnee kann ich mir ehrlicherweise hier nicht wirklich vorstellen auch wenn die Temperaturen an manchen Tagen bereits recht frisch sind. Wir gehen aber tatsächlich auf Skipisten den Berg hoch. Schneekanonen sehe ich keine.

alles da: Skilift, Lifthäuschen, Pistenraupe

Auf schmalen Pfaden führt uns unser Weg durch die Wälder erst die Berge rauf und anschließend runter, runter, runter. Insgesamt 1.700 Meter müssen wir absteigen. Das geht ganz tüchtig in die Beine. Wassermangel herrscht definitiv nicht. Berg hoch kommt uns über Flüsse, Bäche und Rinnsale uns das Wasser entgegen. Berg ab rauscht das Wasser an uns vorbei. Pedro freut‘s. So kann er immer wieder frisches Wasser trinken und seinen Bauch kühlen, wenn er sich erschöpft fühlt von dem Suchen, Tragen und Verbuddeln von Ästen.

Einer der vielen Wasserläufe, den wir folgen

Dieser Ast war sein Liebling heute und hat ihn mehr als einen Kilometer getragen

Etwa zehn Kilometer vor Consenza kommen wir aus dem Wald in kleine Bergdörfer und müssen wieder auf Straßen laufen, die zwar kaum befahren sind. Trotzdem scheint das Pedro zu stressen. Er ist am Ende seiner Kräfte. Immer wieder setzt er sich und braucht eine Pause. Je näher wir Consenza kommen, um so befahrener werden die Straßen und um so unwilliger wird Pedro, zumal ich ihn etwa drei Kilometer vor Consenza an die Leine nehmen muss.

Der Herbst zaubert nicht nu bunte Blätter an die Bäume, er bringt auch immer wieder Regen

Noch einen Kilometer weiter gibt es einen großen Supermarkt. Dort muss ich unbedingt den Hundefutter kaufen. Ich habe heute Morgen die letzten Reste Pedro gegeben. Am Eingang des Supermarktes wirft sich Pedro regelrecht auf den Boden. Ich kaufe ein vier Kilopaket, da es an Trockenfutter für seine Größe keine kleineren Einheiten gibt und etwas an Nassfutter, um ihn zu motivieren. Ich bekomme kaum das Hundefutter in meinen Rucksack. Als ich die Pakete endlich eingepackt habe, erschreckt mich das Gewicht des Rucksacks. In Summe etwa fünf Kilo extra.

Kurz darauf kommen wir nach Consenza. Das B&B, das ich gebucht habe, liegt in der Altstadt. Die Altstadt zieht sich über 100 Meter den Berg hoch. Das B&B ist, das habe ich mir vor nicht klar gemacht, auf dem höchsten Punkt der Stadt. Ich kämpfe mich durch die engen modrigen Gassen hoch. Pedro muss ich mittlerweile hinter mir her ziehen. Er will nicht mehr.

 


Consenza, ein kleiner Ausschnitt

Kaputt wie wie ich bin, sehe ich nur die unschönen Seiten von Consenza. Die Fassaden verfallen, um viele Gebäude sind Bauzäune aufgestellt, da man nicht mehr gefahrlos passieren kann. Entsprechend sind einige Gassen vollständig gesperrt, so dass wir Umwege nehmen müssen. Es riecht nach Tod. Schlimmer als in Venedig hängt Morbidität in der Luft. War es das wert – eine solche Strapaze auf sich zu nehmen und den Hund „sauer“ zu laufen?

Ein Blick aus dem Fenster meines Zimmer

Ich habe Schwierigkeiten die Unterkunft zu finden. Ich bin exakt an an den GPS Koordinaten. Sehe aber das verdammte B&B nicht. Ich schicke über WhatsApp Bilder an die Wirtsleute, um mich führen zu lassen. tatsächlich bin ich nur auf der Rückseite des Gebäudes. Trotzdem bedarf es weiterer vier Messages, bis ich den Eingang finde.  Klar ist mir mittlerweile die Vermieter sind nicht hier. Denn ich bekomme zunächst einen Code für die Eingangstür und dann für die Zimmertür. Irgendwie kann ich das nicht leiden. Auf dem Land ok. Aber in der Stadt sollen die Gastgeber schon Vorort sein: vor allem warum fragen sie vorher, wann ich ankommen werde?

Mich regt das alles auf, weil ich am Ende meiner Kräfte bin und Pedro unwillig ist auch nur einen Mete zu gehen. Das Zimmer ist sehr schön. Nur fehlt es an Einrichtung. Es gibt nicht einmal einen Stuhl, auch keine Möglichkeit ein Handtuch oder meine gewaschene Wäsche aufzuhängen.

Erst nach dem Duschen versöhne ich mich wieder mit der „Welt“. Trotz der modernen Einrichtung und des schönen Bades werde ich, obwohl ich das vor hatte, keine zweite Nacht in Consenza verbringen. Das hat auch was mit der Altstadt zu tun. Die eigentliche Stadt mit der städtischen Infrastruktur ist im Tal. Ich habe keine Lust für alles immer erst einmal hundert Meter den Berg runter und anschließend hoch zu laufen. Auch kann ich Pedro schlecht in der Altstadt ausführen, nicht weil sich irgendeiner an einem pinkelte Hund stören würde aber Pedro ist nicht willig sich auf einer Straße zu erleichtern.

Zum Abendessen muss ich de; Berg runter. Ich bin noch nicht weit, komme ich an einer Salumeria vorbei. Draußen – quasi auf der Straße – ist ein Tisch voll besetzt mit jungen Leuten. Der Tisch quillt über von Käse, Wurst, Käse und Wein. Coole Musik spielt. Obwohl ich ein anderes Ziel hatte, kehre ich ein. Da der Abend kühl ist und es immer wieder geregnet hat, setzte ich mich drinnen an einen Tisch. Ich werde nett bedient. Es gibt einfache Speisen von der Theke. Ir schmeckst und für mich überraschend – wahrscheinlich aufgrund meiner Erfahrungen der letzten Tage, füllt sich das Restaurant bis auf den letzten Platz. Es werden immer wieder Weinflaschen geöffnet und mir wird immer auch ein „Probeschluck“ angeboten.

Satt und betüttelt von den Probierschlucken mache ich mich auf den Weg in mein Zimmer und frage mich, ob es klug war, schon für Morgen ein neue Unterkunft zu reservieren, auch wenn diese keine 15 Kilometer entfernt ist.

Tag 11: 24.10.2023 —> Kalabrien, von See zu See

Um 03:00 Uhr weckt mich Pedro. Er muss mal. Bevor wir ins Bett sind, habe ich ihn regelrecht vor die Tür ziehen müssen, da er wohl Angst hatte wieder laufen zu müssen. Der Toiletten Gang war entsprechend erfolglos. In der Nacht waren wir noch nicht richtig vor der Tür, die ich vor dem Zufallen sichern musste, um uns nicht auszuschließen, hat sich Pedro auch schon hingesetzt. Es wollte überhaupt nicht mehr aufhören. Ich wusste gar nicht, dass ein so kleiner Hund so eine große Blase hat.

Zum Frühstück werde ich bereits erwartet als ich in die Lobby komme. Die gesamte Familie ist fleißig und sorgt für Ordnung. Auch die Nonna, die mich gestern bei meiner Ankunft ignoriert hatte, grüßt fröhlich. Außerhalb des Hotels herrscht die selbe Verlassenheit wie gestern Nachmittag. Der Ort ist tot.

Wir müssen den See weitgehend umrunden und haben da schon über 15 Kilometer auf der Uhr. Teilweise ist die Promenade hübsch angelegt. Entweder hat die Saison starke Spitzen im Sommer und Winter und in den Zwischensaisons kommen keine Gäste oder die gesamte Region hat ihre Anziehungskraft auf Touristen völlig verloren.

Promenade entlang eines Stausees

Außer Bauern, die sich um ihre Tiere oder die Kartoffelernte kümmern treffe ich niemanden, trotz der Schönheit der Natur.

Bevor wir eine hohe Bergkette, um zum nächsten Stausee zu gelangen, überqueren müssen, still Pedro seinen Durst in einem Bach und kühlt seinen Bauch, das hat er besonders gern.

Darin fühlt sich Pedro wohl

Der Weg führt uns entlang eines Flusses. Von den Bergen links und rechts fließen kleine Bäche und Rinnsale in den Fluß. Die Zuflüsse laufen mal quer über den Weg oder fließen in Spurrinnen, die durch landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge entstanden sind, den Weg hinunter bis es für das Wasser eine Möglichkeit gibt, zum Fluß zu gelangen. Damit ist es oft großflächig matschig und wir bekommen schnell nasse Füße. Meine Hosenbeine sind bis zu den Oberschenkeln mit Dreck verschmiert.

In höheren Lagen wird es besser und meine Klamotten trocknen in der Sonne schnell ab. Kurz vordem Gipfel liegt eine merkwürdig aussehende Felsformation am Wegrand. Diese Felsbrocken passen so gar nicht in das sonstige Landschaftsbild. Diese Gesteinsart habe ich bisher nicht gesehen.

Ist das ein Gesicht in den Felsen?

Nach dem Auf kommt das Ab. Steil geht es runter auf den nächsten Stausee, der unser heutiges Ziel ist. In der Mitte des nördlichen Ufers gibt es einen Ort mit vielen Hotels und Restaurants. Ich habe, da ich in den Hotels kein Zimmer buchen konnte, ein Appartement reserviert.

Bis wir unser Tagesziel erreichen, müssen wir unterhalb der Staumauer und später direkt am See entlang laufen. Selten ist der Weg zu erkennen. Weidezäune müssen wir übersteigen, manchmal muss ich Pedro Unterboden Zäunen durchschieben. Das Ufer ist nicht befestigt. Es gibt an manchen Stellen kleine Strände mit Steinen aber auch Sand. An einem jage ich Pedro ins Wasser, damit er einigermaßen sauber in unserem Quartier ankommt.

Lago Arvo: der dritte und größte Stausee in drei Tagen

Neben den Stränden müssen wir zu meiner Überraschung durch eine Art Schwemmlandschaft. Es ist sumpfig und wir müssen sehr aufpassen, nicht darin zu versinken. Schließlich erreichen wir eine Straße, die uns nach Lorica hinein führt. Pedro wieder und ich immer noch schmutzig. Darin unterscheiden wir uns nicht von dem Ort.

Anders als ich erwartet hatte, waren die vielen Hotels nicht ausgebucht sondern sind zu. Reihenweise stehen Immobilien zum Verkauf. Viele davon sind baufällig und ich frage mich, wer sollte an solchen Häusern Interesse haben. Später muss ich feststellen, dass nicht nur die Hotels sondern auch die Restaurants zu haben. Ich muss mir doch tatsächlich eine Tütensuppe zubereiten, da es wirklich nichts gibt. Ein für die hiesige Gegend ein großer Ort, der ausgestorben ist. Düster.

Das beeinflusst auch meine Planung für Morgen. Ich will bis nach Cosenza, der Bezirkshauptstadt des Nord Westlichen Sila Gebirges. Ich buche bereits heute Abend ein B&B, um ein klares Ziel zu haben. 38 Kilometer und gut 1.000 Höhenmeter bedeutet das. Eine große Herausforderung.

Der stelle ich mich gerne, um wieder in die Zivilisation zu kommen. Auch muss ich dringend Hundefutter kaufen, das reicht nur noch für heute Abend und Morgen früh. Das Ziel ist nun klar. Pedro schläft seit wir angekommen sind neben mir und weiß noch nicht, was Morgen auf ihn zukommt.

Tag 10: 23.10.2023 —> Kalabrien, wir werden beobachtet

Der Start in den Tag gestaltet sich etwas zäh. Am Frühstücksbuffet steht zum Self Service eine Siebträger Maschine, wobei ein Kaffee-Pad in das Sieb gelegt werden muss. Ich brauche eine Weile, bis ich den Mechanismus verstanden habe. Nach dem ich das Pad eingelegt und den Siebträger geschlossen habe, suche ich unter den vielen Knöpfen, welchen ich betätigen muss. Da kommt eine nette Bedienung angerauscht und drückt für mich den Knopf. Da sie davon ausgeht, dass ich als Nicht-Italiener keine Ahnung habe, wie man Milch aufschäumt, will sie mir einen Cappuccino zaubern und mir die Milchaufbereitung vorführen. Dazu nimmt sie einen viel zu großen Gießer, der mindestens einen Liter fasst. Dann stellt sie fest, es ist kein Druck auf dem Milchaufschäumer: Wasser muss nachgefüllt werden. Also geht sie Wasser holen und füllt den Wasserbehälter auf. Die Maschine zeigt an, dass das Wasser nicht hinreichend heiß ist. Das interessiert die Bedienung nicht, obwohl ich sie darauf hinweise. Verzweiflung kommt auf. Sie wollte doch dem Ausländer mal zeigen, wie eine Italienerin einen leckeren Cappuccino macht. Die Milch schäumt nicht, sie wird nicht heiß. Sie tut allerdings als wäre alles perfekt. Elegant wird die noch immer kalte Milch in den mittlerweile kalten Kaffee gegossen. Ein Fiasko. Sie weiß nicht mehr, was tun. Ich nehme die Tasse und gehe an meinen Tisch, das kann sie nun nicht auf sich sitzen lassen. Ich will nur noch weg.

Pedro und ich machen uns fertig, während ich ein Croissant esse, das ich in meiner Verzweiflung vom Buffet mitgenommen habe. In der Hoffnung, dass bereits eine Bar in dem winzigen Ort auf hat, brechen wir auf. Tatsächlich öffnet gerade die Bar im „Zentrum“ und jetzt gibt es einen richtigen Café. Weil er so gut ist, trinke ich gleich noch einen zweiten. Jetzt kann es los gehen.

Villagio Mandrisio liegt auf 1.250 Meter. Wir bewegen uns zwischen 1.100 und 1.700 Höhenmeter und enden wieder auf 1.250 Höhenmetern in Caprara.

Ideales Wetter für Pilze: heute hätte ich für eine Großfamilie Steinpilze sammeln können

Trotz der Sonne bleibt es frisch. In den Bergen ist es bereits herbstlich kühl und es riecht modrig. Der Wald erstrahlt in klassischen Herbstfarben. Es ist eine Lust zu wandern auch Pedro ist hoch motiviert. Um elf legen wir, damit ich an einer Video-Konferenz teilnehmen kann, eine Pause von anderthalb Stunden ein. Obwohl ich in der Sonne sitze, kühle ich schnell aus und ich muss mir was warmes anziehen. Mal sitzt Pedro während des Calls an mich gekuschelt ebenfalls in der Sonnen meist geht er aber in den Schatten am Bach.

Pedro bevorzugt während einer Pause den Schatten, obwohl mir sogar in der Sonne kalt ist

Nach dem Meeting führt der Weg in ausladenden Serpentinen ins Tal. Das kürzen wir ab und folgen einem Bach. Was ich nicht bedacht habe, das Flüsschen sammelt sich, bevor es gemächlich weiter fließt in einem Teich. Diesen müssen wir weiträumig umlaufen, da es überall sumpfig ist und wir bereits ein paarmal nasse Füße bekommen haben. Wir erreichen eine Alm, die als Kuhweide genutzt wird.

Den Teich müssen wir weiträumig umgehen

Durch die Herde müssen wir durch. Pedro ist beeindruckt von den großen Tieren, gewöhnt sich dann doch erstaunlich schnell an die Anwesenheit der Rinder und ich ihn nicht anleinen muss. Wir werden von allen Kühen aufmerksam beobachtet. Sie halten immer einen Respektabstand und verziehen sich uns im Auge behaltend, wenn wir auf sie zukommen. Manche Kühe haben ein respekteinflösendes Gehörn.

Aufmerksam werden wir beobachtet

Der Bach hat sich, während er über die Alm langsam weiter Richtung eines Sees – Lago Ampollino – fließt, zu einem ansehnlichen Fluss entwickelt. Das Tal wird nach der Alm schmal. Mal müssen wir nun auf der einen, mal auf der anderen Seite des Flusses gehen. Wir kommen aufgrund des häufigen Querens des Wasserlaufs nur langsam voran. Unsere Füße sind nass, was Pedro nichts ausmacht. Er freut sich über den Weg und die Möglichkeit sich im Wasser abzukühlen.

Was für Hörner

Schließlich erreichen wir den großflächigen Bergsee. Jetzt drehen wir noch einmal auf. Es ist eben und wir folgen einer kaum befahrenen Straße bis nach Caprara, einem Wintersportort mit Skipisten und einer Bobbahn. Es gibt viele Hotels, die zu dieser Jahreszeit zumeist geschlossen sind. Der Ort wirkt wie ausgestorben. In einem einfachen Hotel bekomme ich ein Zimmer. Die Wirtsleute sprechen nur Italienisch und tuen sich schwer, mit mir zu kommunizieren, obwohl ich versuche, mich mit meinem simplen Italienisch verständlich zu machen. Auf einfache Fragen bekomme ich wortreiche Antworten, die ich nicht verstehe. Nach und nach kommen wir klar miteinander.

Lago Ampollino

Meine Ankunft verläuft etwas schräg. Ich komme ins Hotel und gehe an die Rezeption. Neben der Rezeption brennt ein Feuer in einem großen Kamin. Darüber hängt ein Fernseher, in dem eine Werbesendung läuft. Die Lautstärke ist maximal aufgedreht.

Die Rezeption ist nicht besetzt. Ich schaue mich einen Moment um. Dann kommt eine alte Frau aus dem dunklen Restaurant geschlappt, läuft auf den Kamin zu und setzt sich direkt vor das Feuer. Ich spreche sie an, doch sie schaut mich nicht an. Nimmt sie mich wahr?

Schließlich rufe ich die Telefonnummer an, die auf GoogleMaps angegeben ist. Schwierige Kommunikation. Die Dame am anderen Ende der Leitung legt nach kurzer Zeit auf. Ich werde wohl Generationen unabhängig ignoriert. Doch kurze Zeit später kommt der Hotelier. Ich bekomme ein Zimmer mit Frühstück und Abendessen. Nach dem einfachen und schmackhaften vor allem reichhaltigen Mahl sitzen wir alle vor dem Kamin, dem vermutlich einzigen warmen Ort. Die Familie taut auf und ich werde sehr nett aufgenommen. Nur die weiblichen Familienmitglieder tun sich schwer, mit mir zu sprechen.

Tag 9: 22.10.2023 —> Kalabrien, Kastanien und Wildschweine sind die Objekte der Begierde

Immer wieder sonntags ist die Landbevölkerung mit der Familie entweder am Sammeln oder auf der Jagd. Die Urinstinkte als Sammler und Jäger werden am Wochenende voll ausgelebt. Gestern musste aufgrund des schlechten Wetters ausfallen ergo konzentriert sich die Ausübung der gemeinsamen Leidenschaften auf den Sonntag.

Die meist männlichen Jagdgesellschaften waren heute sehr erfolgreich beim Abschuss von Wildschweinen. Es wurde überall rumgeballert und sich beglückwünscht sowie auf die Jagd angestoßen. Ich wußte schon gestern, als die beiden jungen Polizisten mich vor den Wildschweinen warnten, dass ich mehr Angst vor den Jägern haben muss. Spätestens ab Mittag kann von den Jägern keiner mehr ein Wildschwein von einem Hund unterscheiden.

Die weiblichen Familienmitglieder haben Kastanien zusammengeglaubt. Der Wald ist voller Kastanienbäume. Aber Kastanienbäume gibt es nicht nur im Wald sondern werden auch wie Olivenbäume in Plantagen angebaut.

Kastanienplantage

Ich frage mich, was die Leute mit den Kastanien und Wildschweinen machen. Auf der Speisekarte finden sie sich nicht weder Kastanien noch Wildschwein. Ganz anders als die Steinpilze, die es im Sila Gebirge nicht oder nicht mehr gibt. Auf Pilzesammler sind wir nicht gestoßen, die gibt es aber zum Abendessen.

Sonniger Tag: das Licht erhellt nicht nur den Weg auch die Seele

Die Landschaft im Sila ist weniger dunkel und abwechslungsreicher als bisher mit lichtdurchfluteten Waldgebieten, Flüssen und Seen. Da macht das Wandern, auch wenn es immer wieder steil bergab und anschließen noch steiler bergauf geht, richtig Freude. So machen wir gut 1.000 Höhenmeter gewinnen allerdings lediglich 400 Meter.

Künstlicher See mitten in den Bergen

In einem der Täler an einem reißenden Fluß liegt das Kloster Santuario della Madonna di Termine. Eine wunderschöne Anlage mit einem riesigen Gelände. Das war sicher mal ein sehr reiches Kloster, das heute verlassen wirkt. Ich treffe an einem Sonntag Morgen auf niemanden; es gibt nicht mal einen Gottesdienst.

Traumhaft schöne Klosteranlage mit weitläufiger Anlage an einem sprudelten Fluss

Wir übernachten heute in einem Spa-Hotel. Ich habe mich auf Sauna oder Dampfbad gefreut. Der Spa-Bereich besteht allerdings nur aus einem Schwimmbad das von Familien vollständig in Beschlag genommen ist. Schnell verziehe ich mich wieder auf unser Zimmer.

Wie schon gestern Abend kann man in den hiesigen Restaurants Gesellschaftsstudien durchführen. Gestern Abend war der komplette Querschnitt der ansässigen Gesellschaft vertreten. Das gilt heute Abend nicht. Ich bin sicher, wer heute in dem Hotelrestaurant zu Abend ist, hält sich für was besseres. Die meisten haben sich schick gemacht; unterhalten wird sich nicht sondern jeder ist vertieft in sein Telefonino. Gelegentlich teilt man sich mit, auf welche interessante Information man gestoßen ist, um sofort sich wieder in sein Smartphone zu vertiefen; nebenher wird im Essen herumgestochert.

An allen Tische  das gleiche Bild: Das Smartphone ist der Nabel der Welt,; er schaut ins Lokal, sie an die Wands

Ok, das Essen hat keine große Aufmerksamkeit verdient. Einen Teil nehme ich für Pedro mit aufs Zimmer. Dem schmeckt sichtbar besser als mir. Noch vor wenigen Tagen habe ich gelobt, wie Familien abends zusammen Essen gehen und sich alle über die Tische hinweg unterhalten. Heute Abend das komplette Gegenmodell. An einer Unterhaltung hat keiner ein wirkliches Interesse. Das Handy ist das Zentrum um das sich die Welt dieser Restaurantbesucher dreht – armselig!

Tag 8: 21.10.2023 —> Kalabrien: es regnet und stürmt

Wie starten spät, da wir keine 15 Kilometer zwar gut 800 Höhenmeter vor uns haben. Trotzdem ist das in gut 3 Stunden zu bewältigen und wir haben uns für 14:00 Uhr zum Check-in angemeldet.

Also trinke ich gleich in der ersten Bar einen Cappuccino und esse ein Hefeteilchen, da die Brioches entweder mit Crema oder Schokolade gefüllt sind. Dann geht es, jetzt bereits fast halb zehn, richtig los. Wir müssen zunächst in eine Städtchen, das hoch oben auf einem Berg liegt: Tiriolo.

Bis dorthin müssen wir die Passstraße hoch. Nach etwa zwei oder drei Kilometer kommt eine Polizeifahrzeug und hält neben uns. Eine Polizist sitzt am Steuer und eine Polizistin auf dem Beifahrersitz; beide sehr jung. Ich denke, sie stören sich daran, dass ich Pedro nicht angeleint habe. Sie fragen zunächst von wo ich komme und wo ich hin will. Jetzt bekomme ich das Gefühl, die halten mich für einen Landstreicher und wollen mich aus ihrem Revier verjagen. Als ich ihnen mitteile, dass ich den Sentiero gehen, steigen sie aus, fragen, ob ich Englisch spreche und wollen mir helfen. So kann man die Zeit auch totschlagen. Ich bekomme eine genaue Beschreibung der Gegend, was ich mir unbedingt anschauen muss und wie mein Weg verläuft. Die glauben ernsthaft, dass ich mir merken kann, wo ich in fünf Kilometer nach verschiedensten Richtungsänderungen an der dortigen Weggabelung nach rechts oder links abbiegen muss. Das ganze dauert bestimmt zehn Minuten. Zum Abschluss warnen die beiden mich vor den Wildschweinen und ich mache den Fehler zu sagen, dass ich vor Tieren keine Angst habe. Jetzt gibt es Erklärungen, warum Wildschweine für Menschen hoch gefährlich sind. Ich habe genug und gehe darauf nicht ein, verabschiede mich höflich und gehe weiter. Die beiden fahren weiter in meine Richtung, kommen aber nach etwa fünf Minuten zurück, grüßen wieder freundlich und wünschen mir erneut einen schönen Tag.

Dann erreiche ich endlich Tiriolo. Im heutigen Zentrum kehre ich in eine Bar ein. Trinke natürlich mit den meist älteren Italienern zwei Café – also Espresso. Wie immer bewundern alle Pedro, dass er sich hinlegt, wenn ich ihm das sage, er nicht bellt, so niedlich aussieht etc. etc. Pedro scheint die Aufmerksamkeiten durchaus zu genießen.

Triolo: eine bedeutungslose wie typische Kleinstadt in den Bergen

Da Nebel aufzieht und es sehr nach Regen aussieht, brechen wir auf, obwohl wir durchaus noch Zeit hätten. Aus Tiriolio keuchen wir über Treppen und einen wunderschön angelegten Weg den Berg hoch. Der Weg ist, untypisch für die Gegend für Autos gesperrt. Auffällig ist, dass jeder Weg befahren wird, selbst wenn nach unseren Standards dieser für Autos ungeeignet ist. Es läuft auch niemand, außer zum Pilze sammeln. Selbst der kürzeste Weg, z. B. zum Nachbar, der 50 Meter weg ist, setzt man sich ins Auto. Also unser Weg endet hoch oben in den Bergen an dem Osservatorio Astronomico  der Comune Tiriolo „Andrea Perrelli“. Auch wenn das Gebäude in gutem Zustand ist, scheint es eine Art Ruine zu sein. Nach meiner Internet Recherche handelt sich um eine private, nicht professionelle Einrichtung aus dem 18. Jahrhundert. Genutzt wird das Gelände nur noch als Sendeantenne. Andrea Perrelli war wohl ein Notar im 18. Jahrhundert ansässig in Tiriolo. Trotz seines Engagements wurde Tiriolo keine Stadt der Wissenschaft. Bedeutungslosigkeit war, ist und wird das Schicksal von Tirolo sein.

Anders als in Heidelberg hat die private Investition in ein astronomisches Observatorium nicht zu Weltruhm geführt

Nachdem wir uns bei dem Observatorium etwas umgeschaut haben wird unser Weg zu einem Klettersteig entlang eines Berggrades. An der einer oder anderen Stelle muss ich Pedro helfen. Aber wir managen das zusammen trotz der Wolken, die uns immer wieder umhüllen, trotz der stürmischen Böen und des Nieselregens. Auch wenn wir immer wieder Schwierigkeiten aufgrund des Wetters mit der Orientierung haben, finden wir unseren Weg und kommen gut voran.

Klettern im Nebel bei stürmischem Wind

Kurz bevor wir das Hotel erreichen, fängt es dann an wirklich zu regnen. Durchnässt erreichen wir unser Hotel viel zu früh. Alles ist dunkel und verschlossen. Ich schreibe eine kurze Nachtlicht, dass wir bereits angekommen sind. Der Hotelwirt, eine etwas mürrischer Hüne, kommt nach etwa zwanzig Minuten angerauscht. Öffnet uns und gibt mir die Zimmerschlüssel. Schnell verabschiedet er sich bis zum Abendessen.

Pedro und ich machen es uns in dem Zimmer gemütlich während draußen ein Unwetter mit Starkregen und Sturm tobt. Erst zum Abendessen bewege ich aus dem Bett, in das wir beide uns gekuschelt haben.

Das Restaurant, das Mitten im Nichts liegt, ist erstaunlich gut besucht. Ich hatte aufgrund der Lage vermutet, dass ich der einzige Gast sein werde. Weit gefehlt. Es kamen weitere Hotelgäste und das Restaurant ist um kurz nach neun voll, trotz des gruseligen Essens. Das Restaurant scheint eine Institution zu sein. Die meisten Gäste, vor allem die weiblichen, haben sich aufgebrezzelt. Es wird die Mode von vorgestern zur Schau gestellt. Gegessen wird Pizza und Bier getrunken. Um die Besonderheit des Restaurants herauszustellen gibt es als Aperitif Prosecco. Mir wird auch einer angeboten: man fragt mich, ob ich Vinegar haben möchte. Als man meinen erstaunt fragenden Blick sieht, wechselt man sprachlich ins Italienische und jetzt verstehe ich, dass man auch mir einen Prosecco anbieten möchte.

Tag 7: 20.10.2023 —> Kalabrien, Pedro kann nicht mehr

Im Grunde eine einfache Tour: die letzten Kilometer raus aus dem Aspromonte runter in ein nicht wirklich breites Tal auf 60 Höhenmeter und anschließend hoch in die Ausläufer des Sila Gebirges in einen Vorort etwas westlich von Catanzaro. 30 Kilometer und knapp 600 Meter in Summe hoch.

Erster Blick auf die Sila


Allerdings ist es heiß und sonnig. Kein Wald der Schatten spendet und wie gestern viel Asphalt. Die Ausläufer der Gebirge werden landwirtschaftlich genutzt. Im wesentlichen Ackerbau aber wir kommen auch an Schafherden vorbei, die mit Pedro zu passieren, immer wieder eine Herausforderung darstellen. Die Schäferhunde konzentrieren sich in ihrem Schutzverhalten voll auf Pedro, der sich davon massiv einschüchtern lässt. Um so dominanter muss ich auftreten, einerseits um Pedro meinen Schutz sichtbar zu machen und andererseits um die Hütehunde in ihre Schranken zu verweisen. Neben Schafen werden wohl auch Schweine in Ställen gehalten, zumindest stinken manche Höfe entsprechend. Wie das die Viehzüchter aushalten, kann ich nicht verstehen.

Jahrhunderte alte Olivenbäume: sind sie nicht eine Schönheit?

Nach 15 Kilometern in einem Bergdorf, in dem ich einen Espresso und Pedro etwas Wasser trinken, will Pedro nicht mehr weiter. Nur mit viel Mühe bekomme ich in aus der kühlen Bar wieder raus. Anschließend schmeißt er sich in die noch so kleine Pfütze oder feuchten Dreck. Der weiße Pedro ist fast schwarz. Jeder noch so kleinste Schatten von einem Baum oder Haus am Straßenrand wird genutzt, um dort liegen zu bleiben. Wasser will er nicht, fressen will er auch nicht. Wir müssen aber aus dem Tal raus, sonst wird es Morgen auch nicht besser.

Endlich sehe ich, wie die Bäume zur Ernte „geschüttelt“ werden

Am Rande von Catanzaro gibt es einen großen Supermarkt. Dort kaufe ich frisches Hundefutter und für kleine Hunde Nassfutter. Von diesem gebe ich ihm zwei Portionen, immerhin 200 Gramm. Das frisst er mit Genuss. Das hilft für etwa einen Kilometer als Motivation.

Heute haben wir ein Ferienhaus. Pedro schmeißt sich sofort auf den kühlen Boden und steht nicht mehr auf, beachtet weder das Wasser noch das Futter.

Ich wiederum fühle mich wiederum richtig gut. Ich habe mich mittlerweile an das Gewicht des Rucksacks gewöhnt und bereits scheinbar entsprechende Muskulatur aufgebaut. Auch wenn mich heute Morgen eine Wespenmutation – bestimmt doppelt so lang und dick wie eine normale Wespe – in die Brust gestochen hat. Die Monsterwespe ist unter den Rucksachtragegurt gekrabbelt und hat dann in der Enge zugestochen. Im ersten Moment dachte ich, aus dem Gurt muss sich eine Metallspitze gelöst haben und ich muss schnell den Gurt richten. Dabei habe ich dann gesehen wie dieses Monster unter dem Gurt hervor gekrochen kam. Das hat mich gleich ein zweites Mal mächtig erschrocken, weil ich nicht wußte, wie ich dieses Ungeheuer wieder los werde. Es hat sich dann doch einfach weg schlagen lassen. Meine Brust wurde sofort ganz taub. Durch die Bewegung hat sich das Gift dann doch schnell verteilt und wohl auch abgebaut. Zunächst hat sich die Brustmuskulatur aber angefühlt, als hätte ich für einen Eingriff eine Betäubungsspritze erhalten. Jetzt ist der Bereich nur etwas gerötet und die Einstichstelle juckt tüchtig.

Bei Nacht sieht das Dorf, in dem wir übernachten,  richtig schön aus

Fazit des Tages: Morgen legen wir eine kurze Etappe ein. Ich buche daher in der dünn besiedelten Sila ein Hotel, keine 15 Kilometer von unserem heutigen Quartier in der Hoffnung, dass Pedro schnell regeneriert.

Tag 5: 18.10.2023 —> Kalabrien, ist die Region arm?

Ein einfaches Frühstück (ein Croissant mit einem Cappuccino – mehr gibt es auch in Hotels in Italien nicht) und schon sind Pedro und ich wieder im Wald unterwegs, wo wir diesmal auf einen Pilzesammler treffen, der uns erzählt, dass er in Berlin gearbeitet habe, und dazu noch einen Steinpilz unter den Blättern herausfischt.

Ein erfolgreicher Pilzesammler mit Deutsch Kenntnissen 

Nach gut zehn Kilometern taucht aus dem Wald das Kartäuser Kloster Santo Stefano del Bosco auf. Als ein Lieferfahrzeug eingelassen wird, darf ich auch kurz eintreten und einen Blick hinter die Klostermauern werfen: eine riesige und beeindruckende Anlage. Nach Nordosten vom Kloster erstreckt sich die Stadt Serra San Bruno mit ihren engen Straßen und Gassen, je einer Kirche beim Stadtein- und -ausgang. Innen herrscht das übliche vormittägliche Treiben einer Italienischen Kleinstadt: viel Autoverkehr, wenige Fußgänger, viele Bars. Perfekt für eine ausgiebige Pause.

Kartäuser Kloster gegründet von einem Deutschen vor ca. 1.000 Jahren


Eine hübsche, lebendige Stadt im Aspromonte

Kaum aus Serra San Bruno raus komme ich durch zwei kleinere Orte mit kleinen netten Häusern, die meisten in keinem guten Pflegezustand und technisch sicher nicht auf dem neusten Stand. Junge Leute sehe ich keine in den Straßen. Ist das ärmlich?

Sieht so ärmlich aus?

Warum stelle ich mir die Frage? Vor einigen Wochen habe ich einen Podcast des SWR gehört mit dem Titel Maffia Länd. In dem werden u. a. die Verbindungen der hiesigen Maffia, der ‚Ndrangheta nach Baden-Württemberg beleuchtet. Die beiden Journalistinnen haben, so berichten sie in ihrem Podcast, Kalabrien besucht und stellen fest, dass die Orte alle ärmlich seien. Das Geld hat die Maffia und ihr Wirken, so wird unterstellt, blute das Land aus. Ich habe keine Ahnung von der Maffia und kann nicht einschätzen, was das mit den hier lebenden Menschen macht.

Ich beobachte allerdings einige Dinge, die journalistisch nicht aufgearbeitet wurden: Die Familien sitzen mit Kind und Kegel in den Restaurants und essen gemeinsam, sie suchen alle zusammen am Wochenende nach Pilzen, jeder – und wenn es Pilze suchen ist – arbeitet. Jeder hat ein Auto, ein Haus und die modernste Unterhaltungselektronik. Ist es ärmlich nur weil die Autos nicht so schick sind und die Häuser keine Wärmepumpe haben und oft einen frischen Anstrich gebrauchen könnten? Mir scheint, wir haben eine merkwürdige Ansicht über Ärmlichkeit entwickelt. Diese wäre aus meiner Sicht nur richtig, wenn die Menschen deshalb unglücklich wären. Sie wirken nicht so: jeder ist freundlich und ausgesprochen hilfsbereit, jeder grüßt höflich und mürrisch wirkt auch niemand.

Es muss dennoch Gründe geben, warum viele junge Leute in die großen Städte des Nordens oder nach Deutschland zum Arbeiten gehen. Die Landflucht der jungen Leute ist offensichtlich. Anders lässt sich auch nicht erklären, dass ganze Dörfer verlassen sind und die Häuser nur als Wochenend- oder Ferienhäuser genutzt werden.

Während ich vor mich hinlaufe geht mir das alles durch den Kopf und was Gründe – nicht bezogen auf Kalabrien sondern ganz allgemein und bei uns in Deutschland im Speziellen – für Landflucht, ständige Unzufriedenheit und zunehmenden psychischen Erkrankungen sein könnten.

Nichts, was ich nachfolgend ausführe, kann ich wissenschaftlich belegen. Es sind lediglich Hypothesen und Gedanken, die mir gerade bei meinen Wanderungen durch den Kopf gehen.

Hypothese 1: wir reden ständig über zunehmende Armut und falsche Alokation staatlicher Unterstützungen, woraus ein Empfinden der Benachteiligung und der Ungerechtigkeit entsteht. Am Ende glauben wir daran, dass wir arm sind und nicht bekommen, worauf wir Anspruch zu haben meinen.

Hypothese 2: Instagram und Co. suggerieren, alle anderen sind schön, reich, haben alles, was man für ein glückliches Leben braucht, reisen an die phantastischsten Orte dieser Welt und genießen das Leben aus vollen Zügen. Mit anderen Worten alle anderen führen ein glückliches Leben nur wir selbst nicht.

Hypothese 3: Es besteht der Zwang, Karriere zu machen, sich immer höhere Ziele zu setzen und wer das nicht schafft ist ein Looser. Da aber niemand ein Looser sein will, setzen uns unter einen Druck, dem wir psychisch nicht gewachsen sind und werden krank.

Kaum etwas von dem, was die Hypothesen unterstellen, ist auf dem Land zu bekommen. Daher wollen alle in die Städte, wo die Welt bunt, reich und unterhaltsam ist. Es geht ständig um das mehr, mehr, mehr. Dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass auch die Ronaldos dieser Welt keine bisschen glücklicher sind als die meisten anderen Menschen auch.

Mehr dazu Morgen. Heute sitze ich in einem netten Restaurant in einem „ärmlichen“ Dorf: Jeder Tisch besetzt, jeder Tisch mit mindestens 8 Personen belegt (außer meinem). Mir scheint, alle Einwohner mit Ausnahme der Nonnas und Nonnos sind hier versammelt. Es wird sich über Tische hinweg unterhalten – es ist unglaublich laut. Unglückliche Menschen sehen anders aus.

Tag 4: 17.10.2023 —> Kalabrien, im herbstlichen Wald

Um sieben mit dem Sonnenaufgang stehen wir auf und machen uns fertig für unseren Aufbruch. An der Abtei wasche ich mich draußen unter kaltem Wasser ausgiebig, da ich das Gefühl habe, immer noch oder schon wieder regelrecht zu stinken. Mangels eines Spiegels muss ich erneut aufs Rasieren verzichten. So gereinigt verabschiede ich mich herzlich von dem Abt, der erneut eine Spende ablehnt und mir Buon Camino wünscht.

So mache ich mich auf, wieder durch die herbstlichen Wälder des Aspromonte zu wandern. Heute oft auf kaum befahrenen Sträßchen.

Immer noch im Wald

Bei angenehmen 15 Grad Clesius und trüben Wetter mit gelegentlichem Nieselregen kommen wir gut voran. Unterwegs an einer Stelle mit Handyempfang buche ich das einzige Hotel weit und breit in einem kleinen Ort: Mongiana. Kurz vor Mongiana kommen wir durch einen kleines Städtchen, in dem ein „normales“ Leben zu herrschen scheint. Es gibt eine Bar, Menschen auf der Straße und eine intakte Bausubstanz.

Auch in Kalabrien stellen Imker überall ihre Bienenstöcke auf die Wiese

Schon um halb vier bin ich in Mongian. Das Hotel ist verweist. Meinen Anruf nimmt niemand entgegen. Also warte ich in der Sonne vor dem Hotel. Nach etwa einer halben Stunde erreiche jemanden vom Hotel. Man ist sehr überrascht über meine Buchung. Aber mit einem „tranquilla“ wird das Telefonat beendet. Kurz darauf kann ich einchecken.

Jetzt mache ich erstmal große Wäsche. Danach bin ich dran: rasieren, duschen, …

Um 18:00 Uhr macht der kleine Dorfladen auf. Dort muss ich dringend Hundefutter besorgen. Hundefutter gibt es nicht. Daher kaufe ich Würste, Schinken und Thunfisch.

Hier versuche ich, Hundefutter zu erwerben

Die 600 gr. Thunfisch gibt es gleich. Hoffentlich verträgt Pedro den etwas fettigen Fisch und jagt mich heute Nacht nicht raus, weil er Gassi gehen muss.

Pedro soll nicht darben

Acht: So jetzt muss ich auch endlich was essen. Immer noch früh in Italien aber mein Magen knurrt. Ich wähle Antipasti, Pasta und Seconding Piatti. Eigentlich viel zu viel. Aber heute habe ich mir das Essen verdient.

Tag 3: 16.10.2023 —> Kalabrien, ein Abt lädt ein

Um sieben stehen wir auf. Bis wir wieder alles zusammengepackt haben, ist es kurz vor acht. Frühstück gibt es nur für Pedro. Ich esse ein paar Nüsse, Appetit habe ich keinen. Auf Google Maps ist nach ungefähr 12 Kilometern ein Dorf mit einem Restaurant eingezeichnet. Da werde ich frühstücken.

Der Wald ist lichtdurchflutet mit herbstlichen Antlitz 

Aber zunächst müssen wir weiter durch den Wald. Es geht oft steil bergab und bergauf. Zunächst muss ich fast 400 Höhenmeter runter ins Tal des Menschen-Tod (Valle dell‘Uomo Morto). Weniger das Tal sorgt mich – auch wenn wir dort drei Bäche und Flüsse überqueren müssen – aber der Aufstieg hat es in sich. Ich schnaufe und schwitze. Jeder Schritt fühlt sich an, als ob ich Gewichte heben muss. Mit dem schweren Rucksack muss ich mich bei jedem Schritt hochdrücken. Ich rede mir den Aufstieg als ein hervorragendes Workout schön. Tatsächlich bin ich, oben angekommen, völlig erschöpft. Und reif für eine Pause:  kurz drauf komme ich aus dem Wald in das Dorf mit dem Restaurant.

Tatsächlich ist der Ort tot. Ich treffe auf nicht eine Person. Die Fenster und Türen der Häuser sind verriegelt. Kein Restaurant. Nur eine Wasserstelle gibt es, an der wir eine Pause einlegen (müssen) und uns an dem kalten Wasser erfrischen. Kaum haben wir uns gesetzt und genießen das kühle Wasser, kommt eine Familie schwarzer Schweine vorbei und verdrängt uns von der Wasserstelle. Pedro sieht nur müde auf und lässt es geschehen.

Ok, ich bin auf Wanderungen gewohnt weniger zu essen als sonst. Also kein Problem, dass außer Wasser es hier nichts gibt. Am Abend winkt ein schönes Restaurant in Passo di Limina. Das Restaurant sieht im Internet toll aus, hat aber Montags und Dienstags geschlossen, wie wir überrascht feststellen müssen, als wir ankommen. Super.

Die Landschaft ist herrlich: mir ist‘s mittlerweile zu viel Landschaft

Ok, empfohlen wurde eine Übernachtung im nahegelegenen Kloster. Von dem allerdings, wie ich kurz danach feststellen muss, wenig übrig geblieben ist. Die Chiesa della Madonna dell‘Assunta, der Abtei, einem kleinen Häuschen und fünf baufälligen, ungenutzten Gebäuden. Der Abt, ein älterer fast zahnloser Frater, weist mir auf dem ausladenden Klostergelände einen Platz zum Zelten zu. Er hat diesen so ausgewählt, dass mein Zelt im Windschatten unter einem Baum steht, der mich etwas vor dem zu erwartenden Regen schützen soll.

Sehr remote liegt das Kloster: es gibt nur noch den Abt

Er lädt mich zum Abendessen ein, was ich sehr sehr gerne annehme. An seiner Wasserquelle kann ich nicht nur meine Flaschen auffüllen sondern mich auch waschen. Ich habe das Gefühl, dass ich etwas streng rieche. Stinkend möchte ich mich nicht an den Tisch des Abtes setzen.

Der Abt, der mir erklärt, er spreche zehn Sprachen: alle Italienisch, lässt mich weder bei der Essenszubereitung noch später beim Abwasch helfen. Die Kommunikation zwischen uns hält sich in Grenzen, da der Abt mit seinen wenigen Zähnen ein für mich wenig verständliches Italienisch spricht, meine wenigen Worte und Phrasen in Italienisch ein Gespräch wenig ergiebig machten und der Abt keine andere Sprache beherrscht.

Wir essen eine einfache Pasta und anschließend gebratene Kartoffeln mit Würstl (ein Italienisches Wort, das mich immer wieder zum Schmunzeln bringt: ein Würstl ist ein Wienerle); dazu gibt es Wasser und Rotwein aus einer PET-Wasserflasche. Eine Spende, die ich gerne machen würde, lehnt er genauso strikt ab wie meine Hilfe beim Aufwasch.

Auch heute Abend halte ich nicht lange durch. Um neun schlafe ich tief und fest. Da heute Nacht kein Wind über uns hinwegfegt, ist es deutlicher wärmer, weshalb Pedro keinen Körperkontakt sucht und ich somit besser schlafen kann.

Tag 1: 14.10.2023 —> Kalabrien, vom Lungomare hoch ins Aspromonte

 

Da ich unseren Hund Pedro mit auf meine Wanderung genommen habe, musst ich mit dem Auto nach Reggio Calabria, das gegenüber von Messina auf dem Italienischen Festland liegt, reisen. Am Donnerstag, 12.  Oktober noch vor dem Morgengrauen bin ich in Leimen aufgebrochen. Ich habe die Route durch den Gotthard Tunnel gewählt über Mailand, Bologna, Florenz, Rom und Neapel nach Reggio Calabria einer der südlichsten Orte in Italien.

Schon beim Grenzübertritt bei Chiasso bin ich – wohl wegen des Autos – kontrolliert worden. Damit ist mein Vertrauen, den BMW wieder in einem Stück nach Hause bringen zu können, weiter gesunken und habe überlegt, wo ich das Fahrzeug während meiner Wanderung am besten parke: auf dem Parkplatz eines Agriturimo außerhalb von Reggio etwas in den Bergen, in einem bewachten Parkplatz oder in der Tiefgarage eines Hotels.

Ein Hotel mit eigener Tiefgarage habe ich nicht finden können. Die Agriturismos außerhalb der Stadt liegen alle so, dass mein Weg am ersten Tag sich deutlich verlängert hätte. Also habe ich mir ein B&B in der Nähe eines gut bewerteten Parkhauses gebucht. Das war allerdings nur für kurze Zeit erfolgreich, da das B&B das Zimmer wegen Pedro gecancelt hat. Dann habe ich mir ein B&B gesucht nach dem Kriterium kürzester Weg am ersten Tag.

Als ich eingecheckt habe gab es, obwohl ich angegeben hatte, dass ich mit Hund Reise, doch wieder Diskussionen. Der Ehemann der Betreiberin hat ein gutes Wort eingelegt, da er den Hund toll fand. Auch hat er seiner Frau erklärt, nach dem ich gefragt habe, ob ich das Auto in ihrem Hof während meiner Tour bei ihnen parken kann, dass das einfach verdientes Geld ist. Also steht nun das Auto – hoffentlich sicher – in einem abgeschlossenen Hof in Reggio und ich bin ein kleines Vermögen los: Bezahlung natürlich in Cash.

Heute Morgen bin ich, nachdem ich die letzten Details mit der Vermieterin bezüglich des Parkens geklärt hatte, um kurz vor 09:00 Uhr aufgebrochen. Schon heute führt mich der Weg ins Aspromonte: die Verlängerung der Abruzzen und ein Gebirgszug, der Kalabrien in zwei Teile teilt, die östliche und die westliche Küste. Da ich nicht auf Straßen entlang einer der Küsten wandern möchte, gibt es nur noch den Weg durch die Berge. Diese sind sehr dünn besiedelt mit nur wenigen Orten meist Dörfern und Weilern ohne Unterkünfte. In den Wäldern gibt es immer wieder Refugios, also Hütten. Ob diese noch im Oktober/November alle offen haben, weiß ich nicht. Daher könnte es sein, dass ich öfter zelten muss als mir lieb ist.


Auf sandigen Wegen in praller Sonne geht es vom Meer hoch in die Berge: im Hintergrund sieht man Sizilien.

Heute ist mein Ziel Gambarie, das auf etwas über 1.200 Metren liegt und mit dem üblichen auf und ab werden es am Ende fast 1.4000 Meter. Gambarie ist mein Ziel, da es sich um ein Touristenort handelt mit Seilbahn und einer Rutschbahn im Sommer und somit natürlich auch mit Hotels, B&Bs und Ferienwohnungen. Von Reggio bis Gambarie sind es gut 26 Kilometer mit den Höhenmetern. Für den ersten Tag eigentlich etwas viel, zu mal ich mit dem Extrawasser für Pedro und dem Hundefutter einen sehr schweren Rucksack habe. Er kommt auf fast 12 kg. Auch weiß ich nicht wie Pedro mit einer so langen Strecke bei dem heißen Wetter zurecht kommt.

Blick zurück auf Reggio Calabria

Wir klettern problemlos zusammen die Berge rauf aber schon zur Mittagszeit sind wir beide ganz schön fertig. Die Wege sind sehr sandig und damit fast so tief wie ein Strand. Das kostet eine ordentliche Portion extra Kraft. Um so mehr sind hoch erfreut, als wir auf einer Berghöhe, wo sich zwei Straßen kreuzen, auf eine Bäckerei mit Bar treffen. Dort setzen bzw. legen wir uns in den Schatten und trinken jeder mehr als ein Liter Wasser – ich natürlich noch einen Espresso. Danach entscheide ich, da ich eigentlich nicht mehr so richtig daran glaube, Gambarie erreichen zu können, eine kleine Bergstraße nach Gambarie zu nehmen, da es sich auf dieser einfacher laufen lässt als auf den sandigen Wegen abseits der Straßen, um so weit wie möglich zu kommen. So gegen zwei legen wir uns im Schatten eines Stromhäuschen schlafen. Nach einer Stunde sind wir wieder fit für die nächste Etappe. Da wir etwa zwei Drittel der Höhenmeter überwunden haben, habe ich wieder einen Funken Hoffnung Gambarie zu erreichen, was wir tatsächlich auch schaffen, kurz bevor es dunkel wird. Nun müssen wir noch mehrere Unterkünfte abklappern, bis wir ein freies Zimmer für uns finden.

Die Sonne scheint durch den herbstlicher Wald am späten Nachmittag

Pedro legt sich auf den Boden und bewegt sich keinen Millimeter mehr. Seine Kraft reicht nicht mehr aus, um Fressen oder Wasser zu trinken. Nach dem ich meine Wäsche gewaschen und mich geduscht habe, legt sich Pedro mit mir aufs Bett. Selbst als ich zum Essen gehe, bewegt er sich nicht. Mal schauen, wie das Morgen wird.