Der Start in den Tag gestaltet sich etwas zäh. Am Frühstücksbuffet steht zum Self Service eine Siebträger Maschine, wobei ein Kaffee-Pad in das Sieb gelegt werden muss. Ich brauche eine Weile, bis ich den Mechanismus verstanden habe. Nach dem ich das Pad eingelegt und den Siebträger geschlossen habe, suche ich unter den vielen Knöpfen, welchen ich betätigen muss. Da kommt eine nette Bedienung angerauscht und drückt für mich den Knopf. Da sie davon ausgeht, dass ich als Nicht-Italiener keine Ahnung habe, wie man Milch aufschäumt, will sie mir einen Cappuccino zaubern und mir die Milchaufbereitung vorführen. Dazu nimmt sie einen viel zu großen Gießer, der mindestens einen Liter fasst. Dann stellt sie fest, es ist kein Druck auf dem Milchaufschäumer: Wasser muss nachgefüllt werden. Also geht sie Wasser holen und füllt den Wasserbehälter auf. Die Maschine zeigt an, dass das Wasser nicht hinreichend heiß ist. Das interessiert die Bedienung nicht, obwohl ich sie darauf hinweise. Verzweiflung kommt auf. Sie wollte doch dem Ausländer mal zeigen, wie eine Italienerin einen leckeren Cappuccino macht. Die Milch schäumt nicht, sie wird nicht heiß. Sie tut allerdings als wäre alles perfekt. Elegant wird die noch immer kalte Milch in den mittlerweile kalten Kaffee gegossen. Ein Fiasko. Sie weiß nicht mehr, was tun. Ich nehme die Tasse und gehe an meinen Tisch, das kann sie nun nicht auf sich sitzen lassen. Ich will nur noch weg.
Pedro und ich machen uns fertig, während ich ein Croissant esse, das ich in meiner Verzweiflung vom Buffet mitgenommen habe. In der Hoffnung, dass bereits eine Bar in dem winzigen Ort auf hat, brechen wir auf. Tatsächlich öffnet gerade die Bar im „Zentrum“ und jetzt gibt es einen richtigen Café. Weil er so gut ist, trinke ich gleich noch einen zweiten. Jetzt kann es los gehen.
Villagio Mandrisio liegt auf 1.250 Meter. Wir bewegen uns zwischen 1.100 und 1.700 Höhenmeter und enden wieder auf 1.250 Höhenmetern in Caprara.
Ideales Wetter für Pilze: heute hätte ich für eine Großfamilie Steinpilze sammeln können
Trotz der Sonne bleibt es frisch. In den Bergen ist es bereits herbstlich kühl und es riecht modrig. Der Wald erstrahlt in klassischen Herbstfarben. Es ist eine Lust zu wandern auch Pedro ist hoch motiviert. Um elf legen wir, damit ich an einer Video-Konferenz teilnehmen kann, eine Pause von anderthalb Stunden ein. Obwohl ich in der Sonne sitze, kühle ich schnell aus und ich muss mir was warmes anziehen. Mal sitzt Pedro während des Calls an mich gekuschelt ebenfalls in der Sonnen meist geht er aber in den Schatten am Bach.
Pedro bevorzugt während einer Pause den Schatten, obwohl mir sogar in der Sonne kalt ist
Nach dem Meeting führt der Weg in ausladenden Serpentinen ins Tal. Das kürzen wir ab und folgen einem Bach. Was ich nicht bedacht habe, das Flüsschen sammelt sich, bevor es gemächlich weiter fließt in einem Teich. Diesen müssen wir weiträumig umlaufen, da es überall sumpfig ist und wir bereits ein paarmal nasse Füße bekommen haben. Wir erreichen eine Alm, die als Kuhweide genutzt wird.
Den Teich müssen wir weiträumig umgehen
Durch die Herde müssen wir durch. Pedro ist beeindruckt von den großen Tieren, gewöhnt sich dann doch erstaunlich schnell an die Anwesenheit der Rinder und ich ihn nicht anleinen muss. Wir werden von allen Kühen aufmerksam beobachtet. Sie halten immer einen Respektabstand und verziehen sich uns im Auge behaltend, wenn wir auf sie zukommen. Manche Kühe haben ein respekteinflösendes Gehörn.
Aufmerksam werden wir beobachtet
Der Bach hat sich, während er über die Alm langsam weiter Richtung eines Sees – Lago Ampollino – fließt, zu einem ansehnlichen Fluss entwickelt. Das Tal wird nach der Alm schmal. Mal müssen wir nun auf der einen, mal auf der anderen Seite des Flusses gehen. Wir kommen aufgrund des häufigen Querens des Wasserlaufs nur langsam voran. Unsere Füße sind nass, was Pedro nichts ausmacht. Er freut sich über den Weg und die Möglichkeit sich im Wasser abzukühlen.
Was für Hörner
Schließlich erreichen wir den großflächigen Bergsee. Jetzt drehen wir noch einmal auf. Es ist eben und wir folgen einer kaum befahrenen Straße bis nach Caprara, einem Wintersportort mit Skipisten und einer Bobbahn. Es gibt viele Hotels, die zu dieser Jahreszeit zumeist geschlossen sind. Der Ort wirkt wie ausgestorben. In einem einfachen Hotel bekomme ich ein Zimmer. Die Wirtsleute sprechen nur Italienisch und tuen sich schwer, mit mir zu kommunizieren, obwohl ich versuche, mich mit meinem simplen Italienisch verständlich zu machen. Auf einfache Fragen bekomme ich wortreiche Antworten, die ich nicht verstehe. Nach und nach kommen wir klar miteinander.
Lago Ampollino
Meine Ankunft verläuft etwas schräg. Ich komme ins Hotel und gehe an die Rezeption. Neben der Rezeption brennt ein Feuer in einem großen Kamin. Darüber hängt ein Fernseher, in dem eine Werbesendung läuft. Die Lautstärke ist maximal aufgedreht.
Die Rezeption ist nicht besetzt. Ich schaue mich einen Moment um. Dann kommt eine alte Frau aus dem dunklen Restaurant geschlappt, läuft auf den Kamin zu und setzt sich direkt vor das Feuer. Ich spreche sie an, doch sie schaut mich nicht an. Nimmt sie mich wahr?
Schließlich rufe ich die Telefonnummer an, die auf GoogleMaps angegeben ist. Schwierige Kommunikation. Die Dame am anderen Ende der Leitung legt nach kurzer Zeit auf. Ich werde wohl Generationen unabhängig ignoriert. Doch kurze Zeit später kommt der Hotelier. Ich bekomme ein Zimmer mit Frühstück und Abendessen. Nach dem einfachen und schmackhaften vor allem reichhaltigen Mahl sitzen wir alle vor dem Kamin, dem vermutlich einzigen warmen Ort. Die Familie taut auf und ich werde sehr nett aufgenommen. Nur die weiblichen Familienmitglieder tun sich schwer, mit mir zu sprechen.