Tag 17: 23.05.17

 

Heute werde ich bis nach Piacenza pilgern. Das müssten nach meiner Kalkulation knapp 35 km sein. Daher weckt mich meine Uhr bereits um 06:00 Uhr. Bis ich fertig bin und gefrühstückt habe, ist es doch wieder 07:30 Uhr.

Mein linker Fuß fühlt sich gut an. Also steht einem schönen Wandertag nichts mehr im Wege. Nach einer guten Stunde muss ich über einen Fluß, der wenig später in den Po mündet. Dass ich mich dem Po nähere kann man an den gigantischen Dämmen erkennen. Sie sind sicher 10 m hoch und gewaltig breit. Oben auf den Dämmen ist eine Straße angelegt, die meist asphaltiert sind. Sie sind geschlossen für den öffentlichen Verkehr, was aber viele nicht hindert, sie doch als Straße zu benutzen. Ich laufe von nun an bis zur Po Überquerung auf den Dämmen entlang.

Die Landschaft wird etwas Abwechslungsreicher: satte Roggenfelder, hier und da Baumbestände, die Schatten spenden und Zuflüsse zum Po.

Nach etwa 13 km mache ich eine Pause und lege mich in den Schatten. Schnell schlafe ich ein. Die Sonne weckt mich: der Schatten ist weg.

Weiter geht es bis Sant’Andrea, wo ich gem. der Wegbeschreibung mit einer Fähre über den Po auf die andere Seite übersetzen möchte. Daraus wird nichts. Die Fähre ist zwar ausgeschildert und ich finde auch den Anleger aber weder eine Fähre noch einen Fährmann. Auf einer Tafel am Anleger sind zwei Telefonnummern angegeben. Beide rufe ich ergebnislos an. Sie wissen nichts von einer Fähre. Der Po schlängelt sich in seiner gesamten Breite durch die Landschaft.

So stapfe ich wieder zum Damm hoch. Dort treffe ich einen jungen Mann auf einem Moped. Er kann mir auch nicht helfen. Er weiß nichts von einer Fähre. Ich müsse auf dieser Seite des Pos bis nach Piacenza weiter auf dem Damm wandern und dort die Brücke über den Po nehmen, das sei die einzige Möglichkeit weit und breit über diesen gewaltigen Strom. Er bietet mir an, mich auf seinem Moped nach Piacenza zu fahren, das lehne ich dankend ab, obwohl ich zugeben muss, dass mich das ganz ordentlich frustet. Denn gerade hier macht der Po einen schönen großen Bogen, was zusätzliche 5 km und eine Stunde mehr Hitze bedeutet.

Nach einer Weile habe ich das Gefühl mein Strumpf am rechten Fuß scheuert an der Innenseite der Ferse. Vorsichtshalber schaue ich nach, was die Ursache sein könnte, ich kann nichts entdecken und schmiere den Bereich großzügig mit Hirschtalg ein. Was nichts nutzt, wie ich später nach dem Duschen in Piacenza feststellen muss. Ich habe mir eine riesige Blase gelaufen. Alle meine Pflaster sind zu klein. Da muss ich mir für morgen noch etwas überlegen.

Am frühen Nachmittag komme ich durch eine winzige Ortschaft mit einer Kirche kathedralenhafter Ausmaße. Ich frage mich, wo für braucht man hier so viel Platz in der Kirche. Es sind sogar im hinteren Bereich zusätzliche Stühle neben den Kirchenbänken, die schon selbst reichlich Platz bieten, aufgestellt? Die Kirche ist innen eher schlicht und wunderbar hell. Sie erdrückt einen nicht, macht einen nicht klein durch ihre Düsterheit, wie ich das bei uns meist empfinde, sondern sie wirkt freundlich, aufbauend. Ich verweile für einen Moment, da ich mich in diesen Mauern ernsthaft wohl fühle.

Der Ort hat auch noch eine Bar, in der ich meinen Hunger mit einem Panino und meinen Durst mit eiskalter Fanta stille. Dazu übt die Tochter des Hauses Gitarre, was mehr unterhaltend ist durch ihre Ungeschicklichkeit als ihr Können.

Nun muss ich noch 17 Kilometer pilgern, was mir wie eine unendlich hohe Hürde vorkommt. Nach über 7 Stunden und mehr als 38 km habe ich es geschafft. Ich bin in Piacenza.

Auch wenn ich noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt mache, sehe ich nicht viel von ihr, zu sehr ist mein Körper erschöpft. Sie hat einen tollen Hauptplatz, den ich leider nicht in der Lage bin, mit meinem IPhone auf einem Foto einzufangen, wohl aber die Kirche. Auch sie ist Licht durchflutet, was meine Stimmung sprunghaft anhebt.

Zurück in meinem B&B fange ich an, meinen Bericht von heute zu verfassen. Weit komme ich nicht; ich schlafe auf dem Sofa tief und fest ein. Um acht, nach fast zwei Stunden, wache ich hungrig auf. Der Hunger treibt mich raus, obwohl ich lieber einfach weiter schlafen möchte. Ich spüre, dass mein Körper 3,7 Liter Flüssigkeit verloren hat. Ich kann gar nicht so viel trinken, um das Flüssigkeitsdefizit schnell genug auszugleichen.

Mir ist heute allerhand durch den Kopf gegangen. Was, das erfahrt Ihr frühestens Morgen. Heute bin ich nicht mehr in der Lage, noch etwas verständlich aufzuschreiben. Entweder bin ich zu erschöpft oder die Gedanken sind noch nicht reif genug.

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