Nebel, Nieselregen, Sturmfluten
Um 6 Uhr wache ich auf. Es nieselt. Ich frage mich kurz, ob ich aufstehen soll, um schnell, bevor alles nass ist, zusammenzupacken. Ich habe keine Lust und dreh mich noch einmal um, bis mein Wecker um halb acht mich weckt.
Wieder stelle ich fest, das Abbauen der Hängematte mit Tarp und allem notwendigen Zubehör dauert deutlich länger als im Zelt. Auch finde ich nicht so angenehm, dass ich einiges von meinem Equipment im nassen verpacken muss.
Zum Frühstück esse ich einige Nüsse. Mein Magen rebelliert bereits, als ich den Käse auspacke. Also schnell in den Rucksack mit dem Teil.
Gem. der Wetternachrichten hat pünktlich der Nieselregen um sechs Uhr eingesetzt. Der sollte aber bereits um sieben Uhr vorbei sein. Ab zwölf sollte es Regnen. In Summe 12mm. Es kam anders. Der Nieselregen hat nicht aufgehört. Den ganzen Tag bin ich durch dicken Nebel – ich schätze mit Sichtweiten zwischen 20 und 50 Meter – gewandert. Es war den ganzen Tag duster und der Nebel war nicht nur feucht sondern nass.
Der gestrige Tag steckt mir noch in den Beinen und der Rucksack wird auch nicht leichter. Die Nässe macht mir auch nicht Beine. Ich bin erschöpft. Nach gut zwanzig Kilometern und 800 Höhenmetern bin ich am Ende. Mir wird klar ich muss was ändern und hoffe auf Übermorgen. Dann bin ich in San Sosti, wo ich B&B buchen kann. Bis dahin muss ich mir überlegen, was ich tue. So komme ich zumindest nicht bis nach Rom.
An einem kleinen See sind Picknick Bänke aufgebaut und es gibt gut stehende Bäume. Das ist perfekt. Ich kann meinen Rucksack auf einer Bank platzieren und mit dem Aufbau meiner Hängematte beginnen, ohne dass alles schon in dem aufgeweichten Boden liegen muss.
Ich beginnen mit dem Tarp, so dass ich darunter schon mal trocken bin. Diesmal mache ich es von allen Seiten zu, soweit ein Tarp zu sein kann. Der Wind bläst ordentlich von Nord West. Die eine Langseite zeigt nach Westen: perfekt von dort kann mir der Regen schon mal nichts anhaben. Die nördliche Giebelseite ziehe ich übereinander, so dass ich von dort auch geschützt sein sollte. Dann kommt die Hängematte dran. Ich vermittle sie gut unter dem Tarp und hänge draußen Abtropfschnüre dran. So die Anleitung, um zu verhindern, dass an den Leinen das Regenwasser in die Hängematte laufen kann. Das habe ich auch in einem Video über Schlechtwetter in der Hängematte gesehen. Dann kommt die Luftmatratze dran. Das ist etwas Gefummel unter dem Tarp, aber es geht. Danach lege ich meinen Schlafsacke in die Hängematte und lege noch Handy, IPad, Powerbank sowie Stirnlampe hinein. Dann noch eine Folie unter das Tarp, den Rucksack und Schuhe drauf, damit alles schön trocken bleibt: Fertig.
Nun mache ich mir 100 gr. Onkel Bens Fertigreis warm: schmeckt nicht, kann man aber tüchtig salzen, um Salzmangel vorzubeugen. Irgendwie bekommt mir der nicht. Mein Magen signalisiert: ich bin voll und wenn jetzt noch was rein kommt, kommt es wieder raus. Also lege ich mich in die Hängematte, um zu entspannen. Es ist geradeaus kurz vor sechs. Aber ich döse vor Erschöpfung sofort weg.
Kurz nach sechs geht es los. Der Regen prasselt wild auf die Zeltplane runter. Das hört sich eigentlich ganz toll an, wenn man trocken und warm in der Hängematte schaukelt. Ich lese noch etwas. Was anders kann ich nicht machen, denn auch heute gibt es keinen Empfang.
Um halb zehn fallen mir die Augen zu und ich schlafe sofort tief ein. Bei dem Sauwetter sind auch die Tier nicht aktiv. Ich werde wach, als mir ein Tropfen ins Gesicht plumpst. Was ist da los. Schnell raus aus der Hängematte und nachschauen. So ein Mist. Das Tarp ist nur um wenige Zentimeter länger als die Hängematte. Bei schrägem Wind fällt der Regen direkt im die Hängematte. Ich hole aus meinem Rucksack meine Regenjacke und lege sie über die Hängematte, um diese direkt Beregnung zu verhinden. Auf die andere Seite, die aber aufgrund der Windrichtung nicht betroffen ist, lege ich meine Regenhose. Die Plane unter der Hängematte ist nutzlos. Sie ist zu klein und das Wasser läuft drüber. Nun habe ich auch noch nasse Socken. Bevor ich mich mit den nassen Socken zurück in den Schlafsack lege pinkele ich noch, da ich Sorge habe, dass alle meine Klamotten nass werden, wenn ich meinen Wäschebeutel aus dem Rucksack hole und nicht noch mal raus muss in der Nacht.
Es kommt aber anders: der Wind wird stärker, viel stärker. Der Regen wird stärker, viel stärker. Ich muss immer wieder raus aus der Hängematte, um das schlimmste zu verhindern, das mir das Wasser in die Hängematte läuft. Der Schlafsack ist schon durchweicht, hält aber die Wärme. Alle Anziehsachen, die ich an habe sind durch feuchtet.
Mir wird klar, eine weitere Nacht hier draußen ist unmöglich. Ich bin zu erschöpft, das Hängemattensystem ist für schlechtes Wetter ungeeignet und ich weiß nicht, wie ich das Trocknen kann, da es noch bis kommenden Mittwoch regnen soll.
Ich muss raus aus den Bergen. Entweder nach Westen zum Meer oder nach Osten in eine Art Hochebene. Die Küste hat den Vorteil, dort gibt es hinreichend Orte, um Übernachtungsmöglichkeiten zu finden. Aber die Berge reichen bis zum Meer. Das bedeutet, ich kann eigentlich nur auf eine Hauptverkehrsachse mit Straße und Bahnlinie entlang laufen. Das ist ziemlich öde und auch nicht ganz ungefährlich bei dem Fahrstil der Einheimischen. Nach Osten komme ich sicher schnell in einen Ort, da die Picknick Bänke darauf hinweisen, dass man mit dem Auto hinfahren kann. Ich habe aber keine Ahnung, wie ich weiter komme. Ich entscheide mich für den Osten, weil ich so schnell wie möglich aus dem Schlamassel raus muss und will. Ich habe die Schnauze gestrichen voll.