Jetzt geht es richtig in die Berg
Der Start in den Tag beginnt mit einem Espresso und einem Cornetto. In San Fili ist heute Markttag. Die Stände sind noch nicht fertig, als ich in eine Bar gehe. Ein Käsestand hat seine Auslagen gerade fertig aufgebaut und diese spricht mich an. Da ich die nächsten drei Nächte in den Bergen verbringen werde, bessere ich meinen Essensvorrat mit ein kleinen Stück Peccorino auf. In einem kleinen Dorfladen kaufe ich noch schnelle 2 große Wasserflaschen, die sollten etwa anderthalb Tage reichen, wenn ich an keiner Wasserstelle vorbei kommen sollte. Jetzt hat mein Rucksack bereits fast 14 kg.

Dann geht es los. Die Berge gegenüber von San Fili, die mein Zuhause für die nächsten Tage sein werden, liegen sonnenbeschienen vor mir. Mein Weg führt mich nach Kurzem in den Wald, wo es nun steil bergauf geht. Ich mache Meter um Meter. Nach etwa 200 Höhenmeter zieht mich mein schwerer Rucksack regelrecht rückwärts nach unten. Meine Geschwindigkeit nimmt zusehends ab. Ich quäle mich in Schritten von fünf Höhenmetern nach oben: mache eine kleine Pause und dann krieche ich weiter hoch. Nach ca. 300 Höhenmetern stoße ich auf den Hauptweg des Sentiero und auf den Camino di San Sebastian di Paola. Dem Heiligen Sebastian ehrt die Stadt Paola mit einer Statue, die die Stadt am Wegesrand aufgestellt hat.

Einige wenige Kilometer lauf ich auf einem Höhenweg immer noch durch einen tiefen Wald. Dann geht es wieder aufwärts ca. 500 Höhenmeter, dann komme ich auf der Passhöhe an. Dort stehen eine Vielzahl, von Sendemasten, die leider nur für einen schlechte Empfang sorgen – aber immerhin mal wieder Empfang. Ganz oben sieht es aus wie auf einer Alm. Hier weiden neben einigen wenigen Kühen vor allem Ziegen. Ich lege eine Rast ein, ich bin völlig erschöpft. Am liebsten würde ich bereits hier mein Nachtlager aufschlagen. Das würde aber eine zusätzliche Nacht im Freien bedeuten. Davor habe ich etwas Angst, da nicht glaube, dass ich dafür hinreichend Ladekapazität dabei habe und diese ist wichtig, damit ich mich orientieren kann. Denn klassische Kartenmaterial habe ich nicht mit, so dass nur mein Handy mich davor schützt, mich zu verlaufen.

Also schleppe ich mich weiter. Kurz hinter der Passhöhe wird nun den Pilgern gehuldigt. Die sehen etwas abgemagert aus. Ich hoffe, an mir bleibt mehr dran. Jetzt geht es gemächlich bergab, manchmal auch bergauf. So kann ich wenigstens einige Kilometer schnelleren Schrittes machen.

Jetzt habe ich gut 20 Kilometer auf der Uhr und mein Tank ist definitiv leer. Da in meinem Wanderführer steht, dass ich gleich an einem Refugio vorbei komme und das auf Wunsch geöffnet wird, fiebere ich nun darauf, dort zu übernachten. Als ich es erreiche, ist mir, sofort klar, hier hat schon über Jahre niemand mehr übernachtet. Es gibt noch nicht mal mehr Wasser im Außenbereich.
Also muss ich mir nun einen schönen Platz suchen, wo ich meine Hängematte auf bauen kann: keine Farne als Bodendecker, nicht zu kleine aber auch nicht zu dicke Bäume, die im ideal Fall 6 Meter aus einander stehen. Während ich suche, komme ich an einem kleinen Flüsschen vorbei. Dort hat jemand eine kleine Hütte aufgebaut, die zwar zerfallen ist, hätte mir für meine Hängematte nichts genutzt Höchsten für ein Zelt, da es ebene Flächen gibt. Hier funktioniert aber der Außenwasserhahn. Das ist super, so kann ich meine Wasserflaschen auffüllen.
Schnell finde ich einen geeigneten Platz und baue mir mein Nachtlager. Es wird auch Zeit, da es jetzt schnell dunkel wird. Das Hängenmattensystem baut sich leider nicht so schnell auf wie mein Zelt. Ich brauche mindestens die dreifache Zeit. Dafür werde ich mit hohem Komfort entschädigt.

Ich mache mir noch schnell einen Tee und beiße einmal in den Käse. Mehr will mein Körper nicht.
Ich könnte super schlafen, aber der Wald bzw. die Waldtiere haben etwas dagegen. Es gibt einige Käuzchen, zumindest glaube ich, dass es Käuzchen sind, die lautstark miteinander kommunizieren. Eins muss in unmittelbarer Nähe sein und macht ordentlich Krawall. Dann schlafe ich tief ein, werde aber nach einiger Zeit wieder geweckt, weil ein Raubtier Beute gemacht hat. Das Beutetier schreit erbitterlich über Minuten, bis es irgendwann der Räuber das Tier getötet hat.