Meine Stimmung hellt auf
Heute Morgen bringe ich erstmal meine nasse Hängematte zur Post und schicke das ganze Zeug nach Hause. Das kostet ein kleines Vermögen. Wahrscheinlich weil der Postbeamte fast eine Dreiviertel Stunde dazu braucht, mit mir die notwendigen Papiere auszufüllen, den Sack in einen Karton zu legen, ihn zu verschließen und das Paket zu wiegen (3,3 kg). Er wiegt das Paket sich zehnmal bis er sich traut, das Gewicht in die Papiere einzutragen. Am liebsten hätte ich ihm ein Effizenztraining angeboten. Aber jetzt ist es auf dem Weg.
Danach bin ich zurück in mein B&B und habe alle Sachen eingepackt. Ich habe während ich bei der Post war, die Heizung auf volle Pulle gestellt. DAs hat aber nichts mehr gebracht. Dem Grunde nach sind meine kompletten Anziehsachen noch nass. Die einzigen verbliebenen trockenen Sachen habe ich an. Nun gut hilft nichts. Noch schnell ein Fertigverpackte Brioche essen. Auf das Ding war der Vermieter ganz stolz, ist aber nicht zu genießen.
Nun ist es bereits halb zehn. Jetzt muss ich aber los. Mache nach zwei Miunten aber schon Pause, da ich wider erwarten an einer Bar vorbeikomme. Mein B&B Wirt meinte gestern sie sei zu. Dann doch noch einen Cappuccino mit einem frischen Cornetto. Jetzt bin ich für den Tag gerüstet.
Der Rucksack ist nicht nur faktisch leichter, mit dem Wasser, einer Powerbank und der Hängeatte sind das 4,5 Kilogramm weniger. Der Rucksack fühlt sich so großartig an. Entsprechend komme ich zügig voran. Allerdings geht es im wesentlichen erstmal bergab bzw. ich laufe in einer Ebene. Wie angekündigt ist es erstmal trocken. Die Wolken hängen aber tief und tatsächlich fängt es an zu nieseln, was ok ist. Die Regenjacke reicht, um mich trocken zu halten. Nicht lange und der Regen hört auf, obwohl oben in den Bergen dicke dunkele Wolken festhängen. Im Tal wird es erstaunlich warm und extrem schwül. Nach kurzem brauche ich nur noch ein T-Shirt.

Jetzt habe auch die Muse mir die Landschaft anzuschauen. Ich komme an einem alten Weingut vorbei. Das herrschaftliche Gebäude scheint allerdings schon mehreren Generationen nicht mehr, als Unterkunft zu dienen.

Jetzt muss ich mich entscheiden: Folge ich der Outdooractive Empfehlung oder Google Maps, die fast 4 km kürzer ist. Ich entscheide mich für den kürzen Weg. Der führt mich durch eine Tiefebene vorbei an einer Haselnuss-Plantage, zumindest vermute ich, dass es sich um Haselnüsse handelt ohne mir sicher zu sein. Ich wandere an der sicher fünf Kilometer entlang als ich Richtung Berge auf einen sehr holprigen und ausgefahrenen Feldweg abbiegen muss. Der Weg entpuppt sich als eine Herausforderung. Durch die Regenfälle sind die Traktorenspuren gefüllt mit Wasser. Ich muss um diese regelrecht herum balancieren, um nicht in diesen Schlamm hineinzutreten.

Dann kommt die Überraschung und ich weiß jetzt, warum Outdooractive diesen Weg nicht kennt. Ich muss durch einen Fluss, um auf der anderen Seite wieder den Weg aufnehmen zu können. Da ich keine trockenen Sachen mehr habe, bin ich vorsichtig und gehe nicht einfach so durch das Flüsschen, sondern ziehe Schuhe, Strümpfe aus und wickele sehr aufmerksame meine Hosenbeine hoch. Ich bin sehr erstaunt, dass das Wasser nicht eisig kalt ist, eher angenehm erfrischend. Auf der anderen Seite stellt sich mir die Frage, wo ziehe ich meine Strümpfe und Schuhe wieder an. Es ist zu nass und matschig. Also laufe ich barfuß auf dem Weg knapp einen Kilometer bis ich auf eine Straße stoße.

Jetzt muss ich so langsam Höhe gewinnen und schaue nach nicht allzu langer Zeit auf einen Stausee, den der Fluss, den ich gerade überquert habe befällt. Ein ziemlich großer Stausee für so ein Flüsschen. Kein Wunder, dass der wenig Wasser hat. Die Landschaft bleibt lieblich mit großen Weinbergen und Olivenhainen.

Die bedrohlichen Wolken beginnen sich, während ich mich den Bergen wieder nähre und hoch schnaufen muss, zu entleeren. Erst wenig. Trotzdem ziehe ich vorsichtshalber die Regenjacke an. Dann geht es auch schon los. Der Regen wird heftig. Je höher ich komme und je näher ich Longro, meinem heutigen Ziel, komme.
Nun tretscht es. Als ich nach Longro läuft an mir das Wasser in Strömen herab. Ich kann das Handy kaum bedienen, um in den kleinen Gassen des Bergdorfes mich zu orientieren und mein B&B zu finden. Klatsch nass, stehe ich vor der Tür eines, wie später erfahre 500 Jahren alten Hause. Gottseidank öffnet die Besitzerin sofort die Tür als ich klingele.
Sie möchte mir so gerne ihr historisches Haus zeigen, ich will aber nur aus meine nassen Klamotten. Ich triefe und hinterlasse über all mein Spuren, obwohl ich meine Schuhe schon am Eingang ausgezogen habe. Dem Haus sieht man seine 500 Jahre an. Die Installationen sind sicher am wieder dem Stand der Technik angepasst worden aber das hat vermutlich vor mehr als 50 Jahren aufgehört. Die Räume sind kalt und die Klimaanlage kann zwar heizen aber es ist ein leichtes warmes Lüftchen, das da aus der Anlage kommt.
Ich hänge schnell alle Anziehsachen auf und hoffe, Morgen sind sie trotz der bescheidenen Heizung trocken. In dem wirklich kleinen Bad wasche ich schnell meine Sachen und mich. Lange bleibe ich nur unter der heißen Dusche. Anschließend lege ich mich ins Bett unter eine dicke warme Decke. Schnell sende ich der Hausbesitzerin eine WhatsApp, damit sie mir eine Restaurantempfehlung geben kann. Dann falle ich in einen tiefen Schlaf und wache erst zwei Stunden später wieder auf.
Meine Vermieterin hat in der Zwischenzeit Mathe Nachhilfestunden gegeben und zeigt mir nun wirklich ihr Haus. Das hat Museumscharakter und schickt mich in das einzige richtige Restaurant im Ort. Leider regnet es noch im heftig, so dass die gut 700 Meter eine Herausforderung werden.
Ich esse zur Vorspeise Caprese und danach Tagliata mit Porcini. In dem Restaurant ist der Teufel los. Es ist Freitag. Ich bin froh, rechtzeitig gekommen zu sein, so das ich noch einen Tisch bekommen habe.
Als noch nicht alle Plätze belegt sind, kommt eine Familie hinein. Die reden in einer Lautstärke, die meine bei weitem übertrifft. Schreine geradezu jeden der ins Lokal kommt fröhlich an. Alle vier sitzen mit Handy am Tisch und jeder hört bei voller Lautstärker irgendwelche Videoclips an. Irre. Jetzt ist jeder Platz im Raum besetzt und es herrscht eine Kakophonie von Geräuschen. Dazu kommt, dass im Vorraum ein DJ Musik macht. Ich muss jetzt hier raus. Das überfordert mich. Selbst meine Uhr sagt, dass die Umgebungslaustärke viel zu hoch ist.
Während ich am Tresen im Vorraum bezahle fängt der DJ an zu singen und die Gäste sind am jubeln. Was geht denn hier ab.